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Im historischen Hotel am Pragser Wildsee geht Südtirols Geschichte vor Anker.

Wie schafft man eine Dynastie? Wir würden gerne Emma fragen, die „Urmutter“ der Heiss-Hellenstainer und Gründerin des historischen Hotels Pragser Wildsee. Wahrscheinlich würde sie antworten: mit Familiensinn, Weitsicht und Sparsamkeit. Was Emma im 19. Jahrhundert vorlebte, hat in der Familie noch immer Bestand. „Mich drängt kein Trend, wenn ich umbaue, nehme ich mir Zeit für jede Entscheidung. Weil ich hin und her überlege, wie ich für das Hotel und den Platz am See Charakter und Flair am besten bewahren kann“, sagt Hotelbesitzerin Caroline Heiss.

Sie denkt ahnenverpflichtet und enkeltauglich zugleich. Das muss man mögen. In der Familie kursiert ein Zitat von Großtante Therese: „Wen Gott bestrafen will, dem schenkt er ein Hotel.“ Caroline lässt das nicht gelten und verhandelt mit Gott: Sie bekam das Hotel von ihren Eltern und dankt dem Himmel, dass ihre Vorfahren das Haus selbst in stürmischen Zeiten über Wasser hielten. Alles hat das Hotel schon erlebt: Schicksal, Krieg, Flucht und Glanz.

Werfen Sie hier einen Blick auf die Hotelgeschichte

Entdecken Sie das ZeitgeschichtsArchiv Pragser Wildsee.

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Caroline Heiss war im Schweizer Bankbusiness. Controlling ist ihr Gebiet. Ihr Lebenspartner Jens Kappel ist Rechtsanwalt. Gemeinsam führen sie das Hotel mit einem Team aus 70 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Nicht weil sie müssen, sondern weil sie wollen. Ein Umweg war dazu notwendig. Caroline wuchs im Hotel und im Internat auf. Sie ist streng erzogen, weiß, was die Etikette verlangt, als Kind musste sie sich drei Mal am Tag umziehen, um im Hotel gute Figur zu machen. Als ihr Vater starb, war sie 23. Aber da gab es Mutter Heidi Bürgisser, die das Hotel weiterführte. So gewannen Caroline und ihr Bruder Zeit. Zeit zu überlegen. Zeit, ein Hotel zu bewahren, das wie aus der Zeit gefallen war und darum jetzt wieder modern ist.

Caroline ist sich ihrer Verantwortung bewusst: „Was ich heute verändere, damit muss mein Sohn in Zukunft wirtschaften.“ 

Fünf Spots aus unsere Geschichte

Wie bringt man ein Hotel durch alle Zeiten? Indem man die Meilensteine der Hotel- und Familiengeschichte im Kopf behält.

1856

Joseph Hellenstainer kauft den Pragser Wildsee

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1856

Joseph Hellenstainer kauft den Pragser Wildsee

100 österreichische Gulden für das Glück seiner Frau Emma. Joseph Hellenstainer, Gastwirt des „Schwarzen Adler“ in Niederdorf, ersteigert den Pragser Wildsee zum Ausrufpreis und bezahlt bar. Verkäufer ist der Bischof von Brixen, der Deal damit von höchster Stelle abgesegnet.
Die Hellenstainer gelten als Pioniere des Tourismus im damaligen Tirol. Joseph stirbt bereits 1858, nur zwei Jahre nach dem Kauf. Seine Witwe jedoch wird zur Legende. „Frau Emma, Tirol“ ist reisenden Kreisen in ganz Europa ein Begriff. Emma führt erfolgreich den Familiengasthof an der neuen Eisenbahnstrecke durchs Pustertal, zieht sechs Kinder auf und setzt Standards in der Hotellerie der Gründerzeit. Schon früh bewirbt sie den See, der für sie der schönste See der Dolomiten ist. Für ihre Gäste organisiert sie Ausflüge dorthin. Doch es dauert, bis Sohn Eduard den Saumweg zum See ausbaut und Bootsfahrten anbietet. Die Ausflügler müssen Proviant mitnehmen, es gibt kein Gasthaus am See, nicht einmal eine Jausestation. Wie einen Geheimtipp hüten die Hellenstainer den See. Gut 30 Jahre lang. Dann ist für Emma die Zeit reif. Eduard kauft ein Grundstück am See.

1899

Otto Schmid baut das Grandhotel Pragser Wildsee

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1899

Otto Schmid baut das Grandhotel Pragser Wildsee

Mutter Emma und Sohn Eduard wollen das Original. So beauftragen sie den Wiener Architekten Otto Schmid mit dem Bau ihres Grandhotels. Schmid hat mit Theodor Christomannos den Verein für Alpenhotels in Tirol gegründet. Er baute die Grandhotels in Sulden und in Trafoi, und nach bewährtem Muster 1897 auch am Pragser Wildsee: mit modernem Komfort, ohne Luxus. Es wird ein monumentaler Bau vor der wuchtigen Bergkulisse, errichtet aus dem schlichten Material, das vor Ort zu finden ist. Stein und Holz, unverputzt. Auch die Möbel entwirft der Architekt selbst. Zwei Jahre nach Baubeginn wird das Hotel eröffnet. Es ist sofort ausgebucht. 1902 wird zum ersten Mal angebaut, 1929 zum zweiten Mal.
Das Hotel reiht sich in die Sommermärchen der Belle Époque ein: Strom und Licht aus dem eigenen Elektrizitätswerk, eine Bäckerei im Haus, Post- und Telegrafenstation, Salons und Extrazimmer, regelmäßiger Omnibusverkehr zu den Bahnlinien – und als Krönung des Fortschritts ein Lift mit Liftboy und für Fotoamateure eine Dunkelkammer. Dazu die Aussicht auf See und Berge. Das spricht sich herum, bald werden im Kaiserhaus in Wien Urlaubspläne geschmiedet ...

1910

Erzherzog Franz Ferdinand macht Urlaub am See

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1910

Erzherzog Franz Ferdinand macht Urlaub am See

Die beste Werbung: Die Familie des österreichischen Thronfolgers bleibt länger als geplant. Aus drei Wochen werden fünf Wochen, und beim Abschied ist man so gerührt, dass zu Weihnachten Geschenke hin- und hergeschickt werden. Für die erzherzogliche Urlaubsgesellschaft wird 1910 ein ganzes Stockwerk reserviert. Zimmer mit Seeblick für Familie und Bekannte, Zimmer zum Hof für das Personal. Franz Ferdinand empfängt Besucher und Würdenträger in Lodenjoppe und Lederhose. Man unternimmt Ausflüge und beeindruckt abends auf der Hotelterrasse. Für die Kapelle am See stiften Franz Ferdinand und Gemahlin Sophie ein prächtiges Messgewand. Man wolle bestimmt wiederkommen, sagt das Paar zum Bürgermeister.
Dazu kommt es nicht. Doch der Effekt ist phänomenal. In den Jahren bis zum Ersten Weltkrieg reist das Who’s who aus Monarchie und deutschen Landen an den Talschluss im Hochpustertal. Gustav Mahler wird auf der Terrasse fotografiert, Alpinisten brechen vom Hotel zu ihren Bergtouren auf.
1910 entsteht auch der Rundweg um den See. Hotelier Hermann Hellenstainer, der Bruder des früh verstorbenen Eduard, hat dafür mit Hotelgästen einen privaten Verschönerungsverein gegründet. Über Spiele, Hausbälle, Lotterien kommt das Geld zusammen. Nun ist der Urlaub am Pragser Wildsee eine runde Sache. Wenn nicht zwei Kriege dazwischenkämen.

1945

Emma Heiss Hellenstainer fängt die befreiten SS-Geiseln auf

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1945

Emma Heiss Hellenstainer fängt die befreiten SS-Geiseln auf

Die europäische Geschichte aus Krieg, Vertreibung und Flucht reicht auch ins Pragser Tal und bis ans Hotel am See heran. Der Süden Tirols wird 1919 italienisch, an Urlaub ist nur zwischen den Waffengängen zu denken. Ende April 1945 aber wirft ein Ereignis den Schweinwerfer über dem Hotel Pragser Wildsee an. Emma Heiss Hellenstainer, die Hotelerbin, reist in Windeseile an. Das Haus ist geschlossen, die Sommersaison in weiter Ferne, statt Urlaubern sind Generalstäbe im Land. 137 Menschen aus 17 Ländern müssen untergebracht werden. Die deutsche SS hat prominente Sonder- und Sippenhäftlinge aus dem KZ Dachau nach Niederdorf im Hochpustertal verschleppt, um sie bei Verhandlungen mit den Alliierten einzutauschen. Unter den Geiseln befinden sich Mitglieder der Familien Stauffenberg, Goerdeler, Hofacker, Hassell, die nach dem Hitler-Attentat am 20. Juli 1944 verhaftet wurden. Die deutsche Wehrmacht befreit die Geiseln am 30. April und bringt sie am Pragser Wildsee in Sicherheit.
Am See herrscht tiefster Winter. Die Zimmer sind eiskalt, Essen wird mühsam beschafft. Gastgeberin Emma Heiss Hellenstainer punktet mit Herzenswärme. „Sie konnten es nicht genug loben, auf diesem schönen Erdflecken die ersten Schritte in die Freiheit getan zu haben. Wie glücklich war auch ich mit ihnen“, schreibt sie in ihren Erinnerungen. Zehn Tage lang wird im Hotel ein friedliches Europa im Kleinen vorgelebt. Dann ist der Krieg zu Ende.
60 Jahre später lässt Emmas Enkelin Caroline Heiss die Ereignisse vollständig aufarbeiten. Im Hotel wird das ZeitgeschichtsArchiv Pragser Wildsee eingerichtet. Und die Zeitzeugen kehren zum ersten Mal an den See zurück. Zum zweiten Mal als Gäste des Hotels.

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1856

Joseph Hellenstainer kauft den Pragser Wildsee

100 österreichische Gulden für das Glück seiner Frau Emma. Joseph Hellenstainer, Gastwirt des „Schwarzen Adler“ in Niederdorf, ersteigert den Pragser Wildsee zum Ausrufpreis und bezahlt bar. Verkäufer ist der Bischof von Brixen, der Deal damit von höchster Stelle abgesegnet.
Die Hellenstainer gelten als Pioniere des Tourismus im damaligen Tirol. Joseph stirbt bereits 1858, nur zwei Jahre nach dem Kauf. Seine Witwe jedoch wird zur Legende. „Frau Emma, Tirol“ ist reisenden Kreisen in ganz Europa ein Begriff. Emma führt erfolgreich den Familiengasthof an der neuen Eisenbahnstrecke durchs Pustertal, zieht sechs Kinder auf und setzt Standards in der Hotellerie der Gründerzeit. Schon früh bewirbt sie den See, der für sie der schönste See der Dolomiten ist. Für ihre Gäste organisiert sie Ausflüge dorthin. Doch es dauert, bis Sohn Eduard den Saumweg zum See ausbaut und Bootsfahrten anbietet. Die Ausflügler müssen Proviant mitnehmen, es gibt kein Gasthaus am See, nicht einmal eine Jausestation. Wie einen Geheimtipp hüten die Hellenstainer den See. Gut 30 Jahre lang. Dann ist für Emma die Zeit reif. Eduard kauft ein Grundstück am See.

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1899

Otto Schmid baut das Grandhotel Pragser Wildsee

Mutter Emma und Sohn Eduard wollen das Original. So beauftragen sie den Wiener Architekten Otto Schmid mit dem Bau ihres Grandhotels. Schmid hat mit Theodor Christomannos den Verein für Alpenhotels in Tirol gegründet. Er baute die Grandhotels in Sulden und in Trafoi, und nach bewährtem Muster 1897 auch am Pragser Wildsee: mit modernem Komfort, ohne Luxus. Es wird ein monumentaler Bau vor der wuchtigen Bergkulisse, errichtet aus dem schlichten Material, das vor Ort zu finden ist. Stein und Holz, unverputzt. Auch die Möbel entwirft der Architekt selbst. Zwei Jahre nach Baubeginn wird das Hotel eröffnet. Es ist sofort ausgebucht. 1902 wird zum ersten Mal angebaut, 1929 zum zweiten Mal.
Das Hotel reiht sich in die Sommermärchen der Belle Époque ein: Strom und Licht aus dem eigenen Elektrizitätswerk, eine Bäckerei im Haus, Post- und Telegrafenstation, Salons und Extrazimmer, regelmäßiger Omnibusverkehr zu den Bahnlinien – und als Krönung des Fortschritts ein Lift mit Liftboy und für Fotoamateure eine Dunkelkammer. Dazu die Aussicht auf See und Berge. Das spricht sich herum, bald werden im Kaiserhaus in Wien Urlaubspläne geschmiedet ...

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1910

Erzherzog Franz Ferdinand macht Urlaub am See

Die beste Werbung: Die Familie des österreichischen Thronfolgers bleibt länger als geplant. Aus drei Wochen werden fünf Wochen, und beim Abschied ist man so gerührt, dass zu Weihnachten Geschenke hin- und hergeschickt werden. Für die erzherzogliche Urlaubsgesellschaft wird 1910 ein ganzes Stockwerk reserviert. Zimmer mit Seeblick für Familie und Bekannte, Zimmer zum Hof für das Personal. Franz Ferdinand empfängt Besucher und Würdenträger in Lodenjoppe und Lederhose. Man unternimmt Ausflüge und beeindruckt abends auf der Hotelterrasse. Für die Kapelle am See stiften Franz Ferdinand und Gemahlin Sophie ein prächtiges Messgewand. Man wolle bestimmt wiederkommen, sagt das Paar zum Bürgermeister.
Dazu kommt es nicht. Doch der Effekt ist phänomenal. In den Jahren bis zum Ersten Weltkrieg reist das Who’s who aus Monarchie und deutschen Landen an den Talschluss im Hochpustertal. Gustav Mahler wird auf der Terrasse fotografiert, Alpinisten brechen vom Hotel zu ihren Bergtouren auf.
1910 entsteht auch der Rundweg um den See. Hotelier Hermann Hellenstainer, der Bruder des früh verstorbenen Eduard, hat dafür mit Hotelgästen einen privaten Verschönerungsverein gegründet. Über Spiele, Hausbälle, Lotterien kommt das Geld zusammen. Nun ist der Urlaub am Pragser Wildsee eine runde Sache. Wenn nicht zwei Kriege dazwischenkämen.

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1945

Emma Heiss Hellenstainer fängt die befreiten SS-Geiseln auf

Die europäische Geschichte aus Krieg, Vertreibung und Flucht reicht auch ins Pragser Tal und bis ans Hotel am See heran. Der Süden Tirols wird 1919 italienisch, an Urlaub ist nur zwischen den Waffengängen zu denken. Ende April 1945 aber wirft ein Ereignis den Schweinwerfer über dem Hotel Pragser Wildsee an. Emma Heiss Hellenstainer, die Hotelerbin, reist in Windeseile an. Das Haus ist geschlossen, die Sommersaison in weiter Ferne, statt Urlaubern sind Generalstäbe im Land. 137 Menschen aus 17 Ländern müssen untergebracht werden. Die deutsche SS hat prominente Sonder- und Sippenhäftlinge aus dem KZ Dachau nach Niederdorf im Hochpustertal verschleppt, um sie bei Verhandlungen mit den Alliierten einzutauschen. Unter den Geiseln befinden sich Mitglieder der Familien Stauffenberg, Goerdeler, Hofacker, Hassell, die nach dem Hitler-Attentat am 20. Juli 1944 verhaftet wurden. Die deutsche Wehrmacht befreit die Geiseln am 30. April und bringt sie am Pragser Wildsee in Sicherheit.
Am See herrscht tiefster Winter. Die Zimmer sind eiskalt, Essen wird mühsam beschafft. Gastgeberin Emma Heiss Hellenstainer punktet mit Herzenswärme. „Sie konnten es nicht genug loben, auf diesem schönen Erdflecken die ersten Schritte in die Freiheit getan zu haben. Wie glücklich war auch ich mit ihnen“, schreibt sie in ihren Erinnerungen. Zehn Tage lang wird im Hotel ein friedliches Europa im Kleinen vorgelebt. Dann ist der Krieg zu Ende.
60 Jahre später lässt Emmas Enkelin Caroline Heiss die Ereignisse vollständig aufarbeiten. Im Hotel wird das ZeitgeschichtsArchiv Pragser Wildsee eingerichtet. Und die Zeitzeugen kehren zum ersten Mal an den See zurück. Zum zweiten Mal als Gäste des Hotels.

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